Annemarie von Matt

Annemarie von Matt, geb. Gunz (* 10.4.1905 Root, † 27.11.1967 Stans)

„Nach rudimentärer Schulzeit arbeitet Annemarie von Matt als Haushalthilfe in der Deutschschweiz und in der Romandie. 1925 kehrt sie nach Luzern zurück. Autodidaktische Versuche als Gestalterin (textile Wandbehänge, Fahnen und Paramente). Sie findet Eingang in den Kreis der Luzerner Künstler. 1928 erhält sie von den Luzerner Architekten Otto Dreyer und Armin Meili erste Aufträge für textile Arbeiten. 1929 Aufnahme in den Schweizerischen Werkbund SWB, 1932 in die Gesellschaft Schweizer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (GSMBK). 1931 Eidgenössisches Stipendium für angewandte Kunst. 1930 bis 1947 regelmässige Teilnahme an Turnus-Ausstellungen, Nationalen Kunstausstellungen, Ausstellungen der GSMBK sowie Frühjahrs- und Weihnachtsausstellungen der Luzerner Künstler. 1932 bis 1938 Ankäufe durch den Bund und die Stadt Luzern. 1935 heiratet sie Hans von Matt und zieht nach Stans. 1936 zweiter Preis für den Entwurf eines Wandbildes für das Bahnhofbuffet Luzern, 1938 Ausführung eines Schulwandbildes, 1939 erster Preis für Reiseandenken an der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich, 1940 Ausführung einer Frauenhilfsdienst-Briefmarke.

1940 Beginn einer Beziehung mit dem Luzerner Priester und Schriftsteller Josef Vital Kopp. Annemarie von Matt verlagert ihre künstlerische Tätigkeit von der bildenden Kunst zur Literatur. Stetiger Rückzug aus der Öffentlichkeit, aus der Gesellschaft und aus dem Kunstbetrieb. Von 1946 bis 1956 beschäftigt sie sich zeitweilig mit Art Brut. Mitte der 1950er-Jahre beendet sie jegliche künstlerische Tätigkeit.

Die Autodidaktin Annemarie von Matt ist in einer Umgebung von Künstlerfreunden für Nachahmung und Aneignung der unterschiedlichsten Techniken und Einflüsse offen. Entsprechend ungleichartig präsentieren sich die Werkgruppen der verschiedenen Schaffensphasen. In den 1930er-Jahren erprobt sie gestalterische Arbeiten und eine spätkubistische Ölmalerei (vor allem im Porträt). Nach ihrer Heirat wendet sie sich bis 1940 Techniken der Volkskunst (Schieferschnitt, Temperamalerei auf Holzschindeln) und religiös-ländlichen, naiven Bildwelten zu. 1940 gibt sie Malerei und Grafik zugunsten einer von Arrangement und Art Brut geprägten Objektkunst und Zeichnung auf. Gleichzeitig setzt ihr literarisches Werk ein.

Bis 1940 erreicht Annemarie von Matt mit ihrem Schaffen einige Erfolge in der offiziellen Kunstwelt. Unter dem Eindruck ihrer schwierigen Beziehung zu Josef Vital Kopp zieht sich die damals 35-jährige Künstlerin zunehmend in ihre eigene Welt zurück. Bei einer vorwiegend nach innen gerichteter Wahrnehmung beschäftigt sie sich unablässig mit dem Notieren von Gedanken, Schreiben von Briefen und Gedichten, Lesen, Sammeln von Materialien für mögliche Kunstgegenstände. In ihren Briefen entsteht Literatur, in die Kunst wird ihre Biografie erkennbar eingeschrieben. Die Trennung zwischen Leben und Kunstschaffen scheint aufgehoben. Dennoch bringt diese Konstellation für Annemarie von Matt nicht primär Befriedigung, sondern auch Leiden an ihrem Unvermögen, der Gesellschaft und den konventionellen Vorstellungen von Kunst zu entsprechen.

Es entsteht Ende der 1940er-Jahre bis 1955 eine Reihe von Werken, die für ihre postume Entdeckung in den 1970er-Jahren als Künstlerin der Innerschweizer Innerlichkeit von Bedeutung sind und als Vorzeichen der Concept Art und der Individuellen Mythologien gewertet werden. In den 1980er-Jahren wird die Künstlerin und Schriftstellerin Annemarie von Matt unter dem Begriff des «Outside» rezipiert; Harald Szeemann nimmt sie 1991/92 mit einer grossen Werkgruppe in seine Ausstellung Visionäre Schweiz (Kunsthaus Zürich; Düsseldorf, Städtische Kunsthalle und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen) auf.“ (Text: Sibylle Omlin, Sikart)

Schulwandbilder 

Herausgeberin: Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, Kommission für interkantonale Schulfragen
Verlag und Vertriebsstelle: Ernst Ingold + Co AG, Herzogenbuchsee

Schulwandbilder wurden von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts eingesetzt. Ihre Blütezeit begann nach der Einführung der lithografischen Drucktechnik, welche die kostengünstige Herstellung von diesem speziellen Bildmaterial erst möglich machte. Neben den didaktischen Zielen solcher Bilder wurde deren Ästhetik nach der Jahrhundertwende immer wichtiger und oft wurden Künstler damit beauftragt, ein Motiv zu entwerfen. Bis in die 1930er-Jahre stammten die meisten Bilder, die in den hiesigen Schulzimmern hingen, aus Deutschland. Im nördlichen Nachbarland hatte sich seit Ende des 19. Jahrhunderts eine blühende Produktion von Schulwandbildern entwickelt. Im Winter 1934/35 ergriff der Bundesrat Massnahmen, um gegen die Wirtschaftskrise vorzugehen. Eine davon war der Lieferstopp von Schulmaterial aus dem Deutschen Reich. Dahinter verbergen sich allerdings noch weitere Interessen. Einerseits sollten vermehrt schweizerische Bilder und Motive abgebildet und damit letztlich der nationale Zusammenhalt gefördert werden. Andererseits waren die Produkte aus dem Ausland qualitativ nicht immer ganz einwandfrei.

Schnell wurde ein Wettbewerb zur Gestaltung von Schulwandbildern ins Leben gerufen. Finanziert wurde er durch einen Fonds zur Arbeitsbeschaffung von bildenden Künstlern. Pro Motiv wurden jeweils zwei bis drei Künstler eingeladen, ihren Vorschlag einzureichen. Eine pädagogische und eine künstlerische Jury beurteilten die Vorschläge. Im Vordergrund standen anfangs vor allem die didaktischen Nutzen der Schulwandbilder. Mit der Zeit wurden jedoch die gestalterischen Kritierien wichtiger. Es durfte durchaus pädagogisch sinnvoll und zugleich ästhetisch sein.

Für die Schweizer Kunstszene war die Herstellung von Schulwandbildern eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle. Namhafte Maler und Grafiker nahmen an den Wettbewerben teil und konnten ihre Vorschläge verwirklichen. Mit der Verbreitung anderer technischer Hilftmittel wie Diaprojektoren oder Prokischreiber ging die Ära der Schulwandbilder in den 1960er-Jahren zu Ende. Geblieben sind zahlreiche wertvolle Bilder und viele Erinnerungen von langen Lehrervorträgen.

(Text: Andrey Aplanalp, Historiker und Kommunikations-Chef des Schweizerischen Nationalmuseums, Blog Nationalmuseum)

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Schulwandbild Nr. 34

1942 (1938)
Druck auf Karton

Höhe 65 cm
Breite 90 cm

Signiert unten links „A.M. von Matt.“