Judit Villiger
Judit Villiger, geb. 1966 in Luzern, wohnt und hat ihr Atelier in Zürich. Sie besuchte die Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern und die School of Visual Arts in New York.
Judit Villiger betitelt ihr Werk „1 Boden, 1 Tisch, 1 Rauch, 1 Hand“. Die beiden Figuren werden in einem ausgehöhlten Mac-Bildschirm auf einer von unten LED-beleuchteten schrägen Fläche positioniert. Dazugehörende Tastatur und Maus vervollständigen das Werk. Im Raum steht das Objekt auf einem Bildschirmarm in der Verlängerung des Pults.
Judit Villiger arbeit mit kleinen Einzelobjekten. Sie nennt sie auch „Musée imaginaire“. Sie wiederspiegeln Meisterwerke, bzw. Ausschnitte davon. Bei den vorliegenden Objekten handelt es sich um folgende Bildzitate: Die Hand stammt aus dem Werk von Jan Vermeer mit dem Titel „Der Astronom“ aus dem Jahre 1668, Louvre Paris. Der Stuhl soll samt Rauch an die Installation von Roman Signer „Tisch mit Raketen“, Furkart aus dem Jahre 1993 erinnern. Für die Herstellung dieser kleinen Skulpturen stellt die Künstlerin ein Wachsmodell her, davon eine Negativform, die sie mit Epoxidharz ausgiesst. Den Abguss bemalt sie mit Acrylfarbe.
Judith Villiger hantiert mit diesen bekannten Bildikonen und untersucht sie nach Form und Inhalt, seziert aus den Bildern heraus (Dorothée Messmer, Kuratorin am Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Februar 2005). Auch der Text, der den Skulpturen ihren Titel gibt, ist Teil dieses Konzepts: Der Titel listet auf, was abge-bildet ist: „1 Boden, 1 Tisch, 1 Rauch, 1 Hand“
Die Kunsthistorikerin Kathrin Frauenfelder schreibt dazu im Mai 2004 folgendes: Nicht nur formal sondern auch inhaltlich erweitert Judit Villiger das kunsthistorische Repertoire, wenn sie in Bezug auf ihre Arbeit im Briefwechsel mit Barbara Fatzer im Thurgauer Jahrbuch 2004 meint: «Natur nachahmen ist eines der ganz grossen Themen, die den Menschen durch die Kulturgeschichte begleitet haben und bis heute aktuell geblieben sind». Judit Villiger ergänzt das Thema auf ihre Weise, wenn sie die Natur durch den Filter der Kunst-geschichte reproduziert. Jedes Bild, jede Skulptur ist ein kleines Universum. Weil gewisse Aspekte in der Zeit in der das Kunstwerk entstanden ist, in seiner Gedankenfülle teilweise unbekannt geblieben ist, bleibt das Werk für die ästhetische Erforschung offen. Indem Judit Villiger das Werk rekonstruiert, präsentiert sie es erneut der Aufmerksamkeit und aktualisiert es für die Gegenwart. Die Einführung der abstrakten Malerei war seinerzeit gleichermassen Antwort und Protest auf den passiven Konsum der Bilder. Judit Villiger will diesen Weg nicht weiter gehen. Stattdessen schlägt sie einen unvoreingenommenen und unverbauten Blick auf die Tradition vor. Sie zaubert mit Lust und Humor die altmeisterlichen Landschaften wieder hervor. Sie inszeniert diese als «leere» Orte, wo das Spiel entlang der Grenze zwischen Rätsel und Erkennbarkeit, zwischen Wirklichkeit und Fiktion, berei-chert durch die Erfahrung mit der abstrakten Kunst, nun wieder neu beginnen kann.